Gemeinsam haben wir am heutigen Holocaust-Gedenktag an die Opfer und Verfolgten erinnert, die während der NS-Zeit erniedrigt, zur Zwangsarbeit gezwungen und ermordet wurden. Um die Erinnerung wach zu halten, von der Vergangenheit zu lernen und die Zukunft zu schützen begehen wir bei Stift Tilbeck jedes Jahr ganz bewusst diesen 27. Januar, den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. Die Nationalsozialisten verfolgten vor und während des Zweiten Weltkrieges Millionen von Jüdinnen und Juden, Sinti*ze und Rom*nja, Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen und politische Gegner*innen. In Tilbeck wurden zur Zeit des Nationalsozialismus 228 Menschen deportiert und viele von ihnen wurden getötet.
Schülerinnen und Schülern der Münsterlandschule, Tilbecker*innen, Gäste und alle Menschen, die gemeinsam an die Opfer erinnern möchten, haben sich heute am Wasserturm auf dem Kapellenplatz versammelt. Die Schülerin Lotte Hain eröffnete die Gedenkfeier mit einem selbstverfassten und komponierten Lied. ‚Vergessenen Menschen begegnen‘ haben die Schüler*innen der Münsterlandschule in bunten Buchstaben auf große Holzschilder geschrieben, dazu richteten sie folgende Worte an alle Anwesenden:
„Menschen, so bunt wie unser Schild, so bunt wollen wir sein! Wir wollen akzeptieren, dass Menschen unterschiedlich sind: homosexuell, lesbisch, muslimisch, jüdisch, jeglicher Herkunft,… egal, was wir denken, wen wir lieben, wir rufen alle auf: Lasst uns bunt sein!“
Die Ausstellung ‚Vergessenen begegnen‘ in der Tilbecker Kapelle, die das Leben einzelner Menschen dokumentiert und an ihre Schicksale erinnert, ist bis zum 17. Februar zu sehen. Eine dieser Menschen ist Luzia Santi. Sie kam am 18.12.1919 in Dortmund zur Welt und litt an epileptischen Anfällen. Sie wurde mit 16 Jahren zwangssterilisiert, weil die Verantwortlichen in der Nazi-Herrschaft behinderte Menschen als unnütze Volksschädlinge ansahen. Luzia Santi überlebte den Krieg und kam am 24. Januar 1950 nach Stift Tilbeck. Dort lebte sie auf verschiedenen Wohngruppen und arbeitete in der Großküche. Sie hat als lebensfroher Mensch das Leben in Tilbeck mitgeprägt. Sie reiste gerne, feierte gerne Karneval und konnte mit ihrer lebensfrohen Art anderen Menschen begegnen. Am 24. Januar 2022 verstarb Luzia Santi im Alter von 103 Jahren.
Im Anschluss an die Gedenkfeier sind viele gemeinsam zum ‚gebrochenen Engel‘ auf dem Tilbecker Friedhof gelaufen, um dort die Kerze zu entzünden, die Schilder wurden am Engel platziert und gemeinsam wurde inne gehalten.